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Nach Schmadtkes Flucht braucht Stöger den „Tünn“: Wird er Sportchef?

Seit Montag Abend ist mit Adi Hütter nicht nur ein österreichischer Trainerlegionär Tabellenführer, sondern noch ein Zweiter: Damir Canadi schaffte dies wie Hütter mit Young Boys Bern erstmals mit Atromitos Athen in Griechenlands Superleague mit einem 1:0 (1:0)-Auswärtssieg über  Austrias Europa League-Gegner AEK Athen, eroberte damit je ein Punkt Vorsprung auf  PAOK  Saloniki und Panionios Athen mit dem Ex-Admiraner Srdan Spiridinovic, der dort zum Unterschied von Ex-Rapidler Arnor Traustason bei AEK regelmäßig zum Zug kommt.  Beim Triumph seines ehemaligen Trainers Canadi gehörte der Isländer nicht zum Kader. Der unerwartete Höhenflug mit Atromitos ist sicher ein Beweis, dass Canadi in Hütteldorf unter  seinem Wert geschlagen wurde.

Auch für einen anderen österreichischen Trainer im Ausland änderte sich Montag etwas entscheidendes:  Peter Stöger kam beim Schlusslicht 1.FC Köln mit Sportvorstand Jörg Schmadtke (Bild oben rechts) jener Mann abhanden, mit dem er in vier Jahren aus einem mitunter chaotischen Karnevalsverein einen seriösen Klub gemacht hatte, mit dem er aufgestiegen war  und Kölns erste Europacupqualifikation seit 25 Jahren geschafft hatte. Den Stöger noch letzten Freitag verteidigte, als es erstmals „Schmadtke raus“-Rufe gegeben hatte. Schmadtkes Ende kam für Stöger und seinen Assistenten Manfred Schmid völlig überraschend, Stöger erfuhr erst zehn Minuten vor der offiziellen Verlautbarung davon. Noch vier Stunden zuvor hatte Schmadtke Stöger gestützt und „Bild“ erklärt: „Wir wollen das gemeinsam reparieren.“

Der Vorsatz dauerte nicht lange, überlebte eine Krisensitzung mit Präsident Werner Spinner und Vizepräsident Markus Ritterbach nicht. Danach schlug die Meldung von der einvernehmlichen Trennung wegen unterschiedlicher Auffassungen über die zukünftige sportliche Ausrichtung wie eine Bombe ein. Schmadtkes Vertrag wäre noch drei Jahre länger als der von Stöger, nämlich bis 2023, gelaufen. Schmadtke wurde mit dem Satz zitiert, er wolle mit diesem Schritt den Weg für einen neuen Impuls freimachen. Heißt dieser Impuls Trainerwechsel? Am Montag nannte der Kölner „Express“ erstmals die Namen von möglichen Stöger-Nachfolgern. Markus Weinzierl, letzte Saison bei Schalke entlassen, zuvor erfolgreich in Augsburg, jetzt auch Gesprächspartner von ÖFB-Sportchef Peter Schöttel bei seiner Teamchefsuche. Oder Ex-Admira-Legionär Dirk Schuster, der einmal in der Südstadt mit Stöger gespielt hatte, letzte Saison bei Augsburg gehen musste.

Aber die Version, dass Schmadtke wegen Diskussionen um Stöger ging, bestätigte im Kölner Umfeld keiner. Es soll vielmehr um einige Einkäufe  gegangen sein, die bisher enttäuschten und auf Schmadtkes Konto gingen, um die Vorwürfe, die 35 Millionen Ablöse für Torjäger Anthony Modeste in falsche Spieler investiert, nicht den geeigneten Nachfolger gefunden zu haben. Etwa den 1,90 Meter großen Franzosen Sebastien Haller, der jetzt bei Eintracht Frankfurt überzeugt. Haller kam vom FC Utrecht, spielte also nicht einmal 100 Kilometer von Köln entfernt. Ob Stöger mit allen Personalentscheidungen Schmadtkes einverstanden war, wird man offiziell nie erfahren. Fakt ist, dass Stöger  gerne seine Landsleute Julian Baumgartlinger und Michael Gregoritsch geholt hätte, dies aber nicht zu Stande kam. Die Verhandlungen scheiterten. Wenn es wirklich eine einvernehmliche Lösung war, dann sieht es nach einer Flucht von Schmadtke nach dem schlechtesten Start der Bundesligageschichte aus. Stöger sagte nur: „Auch wenn ich die Gründe nicht genau kenne, ich akzeptiere jede Entscheidung.“

Hat er jetzt einen, der in schweren Zeiten ihm so die Mauer macht wie bisher Schmadtke? Auffällig, dass bei der Krisensitzung ein Vizepräsident fehlte: Kölns ehemaliger  Weltklassetorhüter Toni  Schumacher.  Mit der Erfahrung aus seiner aktiven Karriere wäre er jetzt sicher gefragt, sich viel mehr ins Tagesgeschäft einzubringen als bisher. Bisher hatte Schumacher  stets erklärt, er hoffe, aus Stöger werde der Arsene Wenger  von Köln. Der Franzose trainiert Arsenal bereits 21 Jahre lang. Stöger meinte dazu, im Vergleich zu dem, was vor seiner Zeit in Köln passierte,  sei er ohnehin bereits wie der Wenger der Domstadt. Ohne Schmadtke brauch Stöger jetzt verstärkt den „Tünn“, wie Schumacher  in Köln genannt wird. Denn die Zeiten werden nicht leichter. Ganz im Gegenteil. In der derzeitigen Situation ist das Pokalspiel am Mittwoch bei Hertha BSC Berlin nicht so wichtig, aber viel mehr am Samstag das Nachbarsderby in Leverkusen. In beiden Spielen fällt der 39jöhrige Notkauf Claudio Pizarro, der für mehr Effizienz vor dem Tor sorgen sollte, wegen muskulärer Probleme aus. Und wenn es Samstag die achte Niederlage in zehn Runden geben sollte, könnte erstmals der Trainer Stöger trotz aller Sympathien und Popularität, die er nachwievor hat, bei Köln in Frage gestellt werden.

Der „Kicker“ berichtete aber von anderen Kölner Plänen: Demnach soll Stöger Schmadtkes Nachfolger als Sportvorstand  werden. Das wäre sogar eine Beförderung. Als Stögers Nachfolger als Trainer wäre für den Fall  sein Assistent Manfred Schmid wegen der hohen Akzeptanz bei der Mannschaft vorgesehen. Eine Variante, die schon bei der Austria vor Stögers Wechsel nach Köln zur Diskussion stand. Eine neue Version für die Kölner „Bombe“ lieferte „Bild“ am Mittwoch nach: Demnach wollte Schmadtke Stöger feuern, was Spinner, Ritterbach und Schumacher nicht gestatteten. Worauf Schmadtke alles hinwarf. Wenn es stimmt, dann hätte der „Tünn“ Stöger schon entscheidend geholfen. Die von Schmadtke  vorbereiteten Wintertransfers soll nun Stöger nach seinen Vorstellungen vollenden.

Foto: Instagram.

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