Der Zuschauer-Einbruch bei Rapid am zweiten Einkaufssamstag kam nach den letzten Leistungen und bei den kalten Temperaturen nicht überraschend. Nur 14.200 Besucher sahen den ersten mühevollen Sieg unter Damir Canadi, das 1:0 gegen St. Pölten. Das waren 8561 mehr als bei Salzburgs 4:1-Triumph im Spitzenduell gegen Tabellenführer Altach, 3335 mehr als in drei anderen Samstagspielen zusammen. Der Minusrekord im neuen grün-weißen Zuhause bleibt sicher der Spitzenbesuch der Runde. Nicht einmal der Block West war beim ersten grün-weißen Meisterschaftssieg seit fünf Runden, den ersten im Allianz-Stadion seit 18. September (3:0 über Mattersburg) komplett voll. Die Fans, die dort standen, hielten eigenartige Transparente in die Höhe. Etwa Mission 33 mit 33 Punkten – dazu fehlen in den letzten 18 Runden nur neun. Das wird also sicher übertroffen. Oder die Warnung, dass der Sponsorname künftig nicht mehr so nahe dem Rapid-Wappen stehen soll. Wenn das derzeit die größten Probleme sind, dann…
Auch wenn es für Canadi nur eine Frage der Zeit war, bis das erlösende Goldtor fiel, musste er darauf 80 Minuten warten. Und er sah auch überragende Spieler. Bezeichnend für das Niveau des Spiels war die Tatsache, dass auf der Pressetribüne sich Journalisten lieber auf ihrem Computer via DAZN-Streaming-TV den parallel laufenden El Clasico zwischen Barcelona und Real Madrid ansahen. Das neue Rapid-System mit den drei Innenverteidigern klappt sicher noch nicht, wie es sich Canadi vorstellt: Viel zu viele hohe Bälle am Spielaufbau, fast kein Ballstafetten mehr, für die Rapid eigentlich bis zu Saisonbeginn stand, die den Gegner ermüdeten. Das kann sich alles erst in der Wintervorbereitung richtig einspielen. Was sich gegenüber früher nicht geändert hat: Die mangelnde Effizienz. Der als Knipser geholte Brasilianer Joelinton blieb trotz großem Aufwand in erster Linie als Chancentod in Erinnerung. Wenn man aus drei Metern den Ball nicht über die Linie bringt, spricht das nicht für Qualität.
Der Block West, der noch Mittwoch in Mattersburg wenig schmeichelhafte Worte für die Spieler fand, als sie sich von ihnen verabschiedeten, spendete diesmal Applaus, sang kurz nach dem goldenen Tor sofort wieder das alte Rapid-Lied. Zu verdanken war die Erlösung einem Genieblitz von Louis Schaub, seinem perfekten Assist zum ersten Meisterschaftstor von Arnor Traustason seit dem 7. August beim 4:1 im Auswärtsderby gegen Austria in der dritten Runde. Diesmal spielte der Isländer auf der linken Seite, für die er geholt wurde. Allerdings nicht als Verteidiger. Egal: Der Sieg heiligt die Mittel. Wenn es einen überragenden Spieler gab, dann hieß er Schaub. Obwohl er schon am Zahnfleisch lief, wie man in den letzten Minuten sah, als er sich merkbar quälte. Kein Wunder, Schaub bestritt seit dem Saisonstart am 7. Juli 29 Spiele. 18 in der Bundesliga, zwei im österreichischen Cup, neun in der Europa League. Macht insgesamt 2507 Minuten, in denen er am Rasen war, Dazu kommen noch 90 in Österreichs U 21 beim Play-off in Albacete gegen Spanien. Er bräuchte vor den letzten zwei Runden dieses Jahres gegen Ried und Altach eigentlich eine Pause. Es wäre keine Überraschung, wenn Canadi sie ihm in weiser Voraussicht Donnerstag im letzten Europa League Spiel dieser Saison gegen Athletic Bilbao in Hütteldorf gönnt. Denn das einzige, was da noch gewonnen werden kann, ist die zweite Siegesprämie in dieser Gruppe als eine Art Weihnachtsgeld.