Das Zwischenhoch bei Rapid durch den Cupaufstieg in St. Pölten dauerte nur drei Tage. In roten Dressen folgte beim Schlusslicht Ried, das zum Unterschied von St. Pölten voll auf der Höhe war, eine unterirdische Leistung und ein 0:3. Nur noch fünf Punkte vom Tabellenende entfernt. Da hatte Kapitän Steffen Hofmann völlig recht, als er meinte: „Wenn man beim Letzten so verliert, gibt´s nicht mehr schön zu reden. Es ist diese Saison schon lange zach, jetzt wird es richtig zach. Wir müssen den Abstiegskampf annehmen. Sowohl der Verein als auch diese Mannschaft dürften normal nie in diese Situation kommen.“ Natürlich folgte vom „Sky“-Reporter die Frage nach dem Trainer. Hofmanns Antwort, dass es ihm nicht zustehe, dazu etwas zu sagen, sondern dass jeder sich selbst an der Nase nehmen, vor der eigenen Haustor kehren müsse, um aus dieser Situation rauszukommen, konnte man, wenn man wollte, als fehlenden Rückhalt für Damir Canadi sehen. Und das wollten viele. Genauso wollten viele das Schweigen von Sportchef Fredy Bickel, der sich eine Viertelstunde nach Schlusspfiff nicht festlegen wollte, weder in eine noch in die andere Richtung, sondern alles offen ließ, als Abrücken vom Trainer interpretieren. Weil der Schweizer erstmals erkannt habe, dass Canadi die Mannschaft nicht mehr erreicht.
Fakt ist, dass ein komplettes Meisterschaftviertel ohne Sieg für Rapid nicht akzeptabel ist, Canadi jetzt der Trainer mit dem schlechtesten Punkteschnitt in der Klubgeschichte ist. Und dass Rapid zuvor noch nie in der obersten Spielklasse innerhalb von 9:40 Minuten wie zu Beginn der zweiten Hälfte drei Tore kassierte: „Die zweite Hälfte läßt das schlimmste befürchten“, unkte Ehrenkapitän Heribert Weber im Sky-Studio. Dabei fehlte schon vor der Pause alles: Einsatz, Laufbereitschaft, Leidenschaft, Disziplin.Bezeichnend: Der erste Schuss auf das Ried-Tor gelang erst nach 79 Minuten. Die Verlierer gingen, angeführt von Hofmann, nach Schlusspfiff zum überfüllten Rapid-Sektor, holten sich dort ihre verbalen Watschen ab, hörten Beschimpfungen und Sprechchöre „wir haben die Schnauze voll“ . Canadi stand mitten drin. Hinter Tormanntrainer Helge Payer, dessen Schützling Tobias Knoflach auch nicht gut aussah.
Canadi bot zum zweiten Mal in diesem Jahr Christoph Schösswendter zu Beginn im Abwehrzentrum auf, der gleich zu Beginn mit einem kapitalen Fehler Rapids schwache Tagesverfassung aufzeigte. Die für Rieds siegreichen Trainer Laasaad Chabbi nicht ganz überraschend kam. Weil das dritte Spiel in einer englischen Woche immer das schwierigste sei, Ried zum Unterschied von Rapid Mittwoch nicht spielen musste. Ganz aufgekratzt kündigte Chabbi an: „Ich werde gleich meine Frau anrufen und ihr sagen: Hey, dein Mann hat Rapid geschlagen“. Canadi hatte sicher andere Bedürfnisse. Er tauschte Schösswendter bereits nach 38 Minuten aus, was Weber kritisierte: „Das macht man mit einem erfahrenen Spieler so nicht“. Canadis Version: „Ich wollte ihn schützen“. Schösswendter zeigte seinen Ärger, in dem er gleich in die Kabine ging. Es passte zu dem schwarzen Samstag in Grün-Weiß, dass Schösswendters Nachfogler Mario Sonnleitner vor dem ersten Ried-Tor das entscheidende Kopfballduell verlor, dabei ein Cut erlitt und ausscheiden musste. Weber meinte sogar, Schösswendters Kopfballstärke hätte bei den ersten zwei Rieder Toren gefehlt. Das zweite kassierte Rapid wieder einmal nach einem Freistoss.
„Wir waren keine Sekunde im Spiel, haben alles vermissen lassen“, gestand Canadi, „nach dieser Leistung muss man jede Kritik akzeptieren.“ Der nächste Gegner ist in Hütteldorf sein Ex-Klub Altach. Und alles fragt sich, sitzt er dann noch auf der Bank. Ex-Rapid-Torjäger Jan Age Fjörtoft machte es sich leicht, twitterte aus Norwegen: „It must be time to say auf Wiedersehen to someone“. Es muss jetzt Zeit sein, jemanden Auf Wiedersehen sagen. Wen er damit meinte, war leicht zu erraten. Fragt sich, ob Präsident Michel Krammer genauso denkt, den Trainer, den er holte, fallen lässt, weil er keine andere Lösung sieht. Oder ob er sich sagt, ich lasse mir weder von den Fans noch von den Medien den Trainerwechsel befehlen. Egal, wie man das sieht, Hofmanns Sager von an der Nase nehmen, gilt für zu viele Spieler. Die gehören mehr als bisher in die Pflicht genommen.
Gar nichts schön zu reden gibt´s endgültig auch bei Austria: Vierte Niederlage hintereinander mit dem 1:2 im Happel-Stadion gegen St. Pölten. Vielleicht schlägt ein Spaßvogel sogar vor, Austria und Rapid sollten die Trainer tauschen. Und meint den Blödsinn sogar ernst. Jetzt hilft Aktionismus nicht weiter. Da Mattersburg in der Südstadt Admira mit dem 2:0 die erste Niederlage in diesem Jahr zufügte, liegt Rapid nur noch dank der besseren Tordifferenz vor St. Pölten, hat nur noch einen Punkt mehr als die Grün-Weißen aus dem Burgenland, Mattersburg. Und Ried fehlen trotz des kräftigen Lebenszeichens weiter vier Punkte zum rettenden Ufer.