Als Griechenlands Herren vor 13 Jahren in Portugal völlig unerwartet unter dem deutschen Trainerguru Otto Rehhagel Europameister wurden, bessere Teams wie zweimal Portugal, Frankreich oder Tschechien mit Hilfe einer cleveren Defensivtaktik bezwangen, wurde Rehhagel nachher zum „Rehhakles“ ernannt. Seit Sonntag ist Dominik Thalhammer der „Rehhakles“ der Frauen. Obwohl Österreich als Neuling bei der Europameisterschaft in Holland erst im „Semifinale“ steht. Aber sensationell, was sich vor den Augen von Sportminister Hans Peter Doskozil in Tilburg rund um das 5:3 im Elferschießen gegen die favorisierten Spanierinnen alles abspielte. Zunächst wie die Erfolgsdamen die Spanierinnen über 90 Minuten in Schach hielten, obwohl Lisa Makas, die Torschützin beim 1:1 gegen Frankreich, schon vor der Pause mit Verdacht auf Kreuzbandriss unter Tränen in die Kabine gehen musste, dann auch in der Verlängerung. Mitunter Fünferkette in der Abwehr, davor Viererkette, da gab´s für die technisch bessere Mannschaft trotz 68 Prozent Ballbesitz kaum ein Durchkommen, keine großen Chancen. Die beste in der zweiten Hälfte hatte Österreich durch Makas-Nachfolgerin Nadine Prohaska. In bisher drei der bisherigen vier Spiele kassierte Österreich kein Verlusttor. Unglaublich.
Schon in der Pause zur Verlängerung gab Thalhammer die Devise „wir wollen mehr“ aus. Man musste nur die lachenden Gesichter der Österreicherinnen vor dem Elfeerschießen sehen, die Zuversicht ihres Teamchefs, dass man an die ganz große Sensation, das Happy End glaubte. Einmalig, dass sich eine Mannschaft vor einem Penaltythriller so locker präsentierte. Die frustrierten Spanierinnen wirkten hingegen angespannt. Dabei hatten die Österreicher keinen einzigen Elfmeter trainiert: „Wir sind der Meinung, dass man solche Situationen im Training nicht simulieren kann“, behauptete Thalhammer, „Elferschießen werden auch im Kopf entschieden.“ Also „überließ“ er die Arbeit der Mentaltrainerin, Frau Magister Mirjam Wolf von der Sportpsychologie Tirol, die einen Plan entwickelte. Torfrautrainer Walter Franta beschäftigte sich im Vorfeld mit Manuela Zinsberger. Was dann folgte, übertraf alle Erwartungen der rot-weiß-roten Fans unter den 4500 Zuschauern, die auf Transparenten die Damen schon vor dem Anpfiff als einmalig und einzigartig bezeichneten.
Kapitänin Viktoria Schnaderbeck gewann die Auslosung, zuerst schoß Österreich. Laura Feiersinger begann. Ihr erster Versuch bei einem Penaltyschießen. Sie traf souverän unter die Latte. Nina Burger schickte die spanische Torfrau zum 2:1 ins falsche Eck, ebenso Verena Aschauer um 3:2. Da schrie bereits der TV-Kommentator der deutschen ARD: „Die schiessen ja so, als ob die sonst nichts anderes machen würden“. Und dann kam Zinsbergers bisher größter Auftritt. Schon bei den ersten zwei Penaltys flog sie in die richtige Ecke, auch beim dritten. Den von Silvia Meseguer hielt sie aber. Die mental starken Österreicherinnen zeigten weiter keine Nerven. Die in der Verlängerung eingewechselte Viktoria Pinther vom SKN St. Pölten traf als einzige Spielerin aus der österreichischen Liga. Bei 4:3 kam alles auf Sarah Puntigam, für viele die gute Seele in Österreichs Erfolgsrezept, an. Auch sie verwandelte, Spaniens Torfrau Sandra Panos berührte den Ball nur. Damit 5:3, Österreich im Semifinale am Donnerstag in Breda. Aber nicht gegen Titelverteidiger Deutschland, der nach sechs Titeln in Serie im Viertelfinale scheiterte. Nach einer desaströsen Leistung 1:2 gegen Dänemark in Rotterdam. Diese Däninnen schlug Österreich vor drei Wochen beim letzten WM-Test in Wr.Neustadt 4:2. Ist sogar das Finale möglich?
Egal ob´s gelingt oder nicht, Österreich steht plötzlich ganz im Banne des Frauenwunders. Und wem das nicht passt, der ist selbst daran schuld. Wenn dies einige völlig überflüssig in Form von schlimmen Transparenten zeigen, wie Teile des Austria-Anhangs am Donnerstag bei der Blamage geen AEL Limassol, stellen sie sich schwer ins Abseits, sollten einen Arzt aufsuchen, der sie in eine Nervenklinik einweist. Aber diese Minderheit kann der berechtigen Freude und dem Riesenrespekt vor dieser Leistung keinen Abbruch tun: „Extrem gut verteidigt, extrem viel Herz gezeigt“, kommentierte Dominik „Rehhakles“ Thalhammer. Und das er mächtig stolz darauf ist. Kann er auch sein.
Nach dem Aufstieg flossen die Tränen, sangen die stolzen Siegerinnen vor den Fans Reinhard Fendrichs „I am from Austria“. Und dann folgte wieder die Jubelpolonaise durch die Mixed-Zone. Bilder, die alle gerne auch am Donnerstag in Breda sehen würden.