Nach zwei Saisonen bei Champions League-Sieger Real Madrid in die deutsche Weltmeisterliga: Freiburgs Kulttrainer Christian Streich rechnet damit, dass mit Österreichs U21-Kapitän Philipp Lienhart alles klappen wird. . Die Sensationself der letzten Saison, die als Aufsteiger Platz sieben eroberte,in die Qualifikation zur Europa League kam, wartet nur noch auf die offizielle Freigabe aus Madrid. Im August 2015 war es eine Riesenüberraschung, als Madrid den Rapid-Nachwuchsspieler Lienhart nach der Unter 19-EM mit Österreich trotz eines 0:4 im Semifinale gegen Deutschland engagierte, dafür 800.000 Euro zahlte. Grün-Weiß ist am Weiterverkauf Lienharts finanziell beteiligt.
Lienhart wartet in Freiburg auf das grüne Licht aus Madrid, ehe er trainieren darf. Sein Fazit nach zwei Jahren beim weißen Ballett: „Die Zeit bei Real hat mir sicher sehr viel gebracht. Ich habe mich weiter entwickelt. Sowohl persönlich als auch punkto Erfahrung. Es ist nicht selbstverständlich, mit einigen der Topstars der Welt trainieren und mitunter auch spielen zu können.“ Etwa mit seinem Vorbild, Reals Kapitän Sergio Ramos. Auch wenn sich das Spielen meist auf Tests in der Vorbereitung beschränkte, er, wenn es um Punkte ging, nur bei der Filiale Castilla in der dritten Liga zum Einsatz kam. Aber dort hieß sein Trainer Zinedine Zidane, bevor der Franzose die Nachfolge von Rafael Benitez bei Ronaldo, Bale & Co. antrat. Viele Tipps von Zidane hat er noch im Hinterkopf, wenn er im Breisgau mit der Vorbereitung beginnt: „Da ging es unter anderem um das Stellungsspiel, das Antizipieren, das Spiel aus der Abwehr heraus. Das hab ich alles gespeichert.“
Es hat Lienhart gefallen, wie sich Freiburg durch seinen Sportdirektor Klemens Hartenbach um ihn bemühte. Der kam mehrmals zu ihm nach Spanien, zuletzt zum U21-Turnier nach Murcia, in dem Österreich Holland 1:0 bezwang. Aber da war in Freiburg die Entscheidung für Lienhart praktisch schon gefallen. In Murcia gewann Hartenbach nur noch die Überzeugung, dass Lienhart auch im defensiven Mittelfeld seine Qualitäten besitzt. Aber Freiburg sieht in ihm mehr den Innenverteidiger, was Lienhart auch recht ist. Die deutsche Bundesliga hat er in Madrid stets mitverfolgt, am Ende die Partien Freiburgs natürlich besonders: „Das Spiel, mit dem sie Erfolg haben,ist sehr aufwendig. Aber viel laufen und kömpfen, war noch nie ein Problem für mich.“
Auch seine Berater Rob Groener und Walter Künzel rieten ihm zu Freiburg. Weil dort stets junge Spieler forciert werden. Auf die zu hören, musste Lienhart bisher nicht bereuen. Das erste Gespräch mit Freiburgs Kulttrainer Christian Streich Anfang Juni in Zürich bestärkte ihn noch in seiner Ansicht, dass Streich ihn weiter bringen wird. Darum stand Lienhart zum Ja zu Freiburg, als sich auch Peter Stögers 1.FC Köln am Ende noch verstärkt um ihn bemühte. Wenn sich Lienhart einmal zu etwas entschlossen hat, dann zieht er das konsequent durch. Und läßt sich nicht irritieren.
Auch nicht durch Prognosen, dass Freiburg es schwer haben wird, so eine starke Saison zu wiederholen. Bei den deutschen Wettanbietern gilt Europa-Starter Freiburg sogar als Abstiegs-Favorit, liegt auf Platz eins vor Augsburg und Mainz. Der Kampf um den Klassenerhalt wird sicher noch härter als er letzte Saison war. Statt Ingolstadt und Darmstadt kommen mit VfB Stuttgart und Hannover 96 zwei gestandene Mannschaften nach oben, die ein höhere Budget als Freiburg mit seinem 30 Millionen haben. Das Trainingslager mit seiner neuen Mannschaft führt Lienhart ab 15. Juli in den Vorarlberger Montafon, nach Schruns. Streich spricht wegen der zusätzlichen Belastung Europa League, sofern die Qualifikation gelingt, sogar von einem Tanz auf der Rasierklinge.
Bei einem Tanz auf drei Hochzeiten darf Lienhart auf seine Einsätze hoffen. Der Kampf um´s Leiberl wird hart, mit der Neuerwerbung von Real stehen sechs Innenverteidiger im Kader. Darunter Marc-Oliver Kempf, seit Freitag U21-Europameister. Ebenso wie Mittelfeldspieler Janik Haberer. Ihren Triumph über Spanien im Finale der Österreich-Bezwinger sah Lienhart mit etwas Wehmut: „Das zeigt, das wir wenig Losglück hatten, aber schon Leistung brachten.“
Freiburg ist für sein hervorragendes Scouting bekannt. Wie beim 21jährigen Türken Caglar Söyüncü, letzte Saison entdeckt beim türkischen No Name-Zweitligisten Altinordu. Auf Anhieb schaffte der Innenverteidiger Spitzen-Zweikampfwerte in der Liga. Solche Coups gelingen den Freiburger Talentspähern in Serie. Auch mit Lienhart? Sie scouten am liebsten unterhalb der U 21. Streich verläßt sich total auf Hartenbach, mit dem er früher gemeinsam die U19 trainierte, in einer WG zusammen wohnte. In Freiburg schafften schon einige den Durchbruch. Borussia Dortmund kauft regelmäßig im Schwarzwald. Vom deutschen Teamspieler Mattias Ginter, jetzt zu Mönchengladbach gewechselt, über den Schweizer Torhüter Roman Bürki bis zuletzt Maximilian Philipp, noch bevor er U 21-Europameister wurde. Lienhart auf diesen Spuren? „Es ist eine Herausforderung, der ich mich stelle, von der ich mir schon einiges erwarte“, sagte er vorsichtig. Freiburg wird aus ihn auch aus anderer Sicht eine neue Welt: Bei Real Madrid gab´s Interviewverbot zu Themen, die den königlichen Klub betreffen. In der Bundesliga taucht er mitten in die Medienwelt ein. Auch in dem im Vergleich zu München, Dortmund, Leipzig, Hamburg, Berlin oder Köln beschaulichen Freiburg.
In dem er der einzige Österreicher bleiben wird: Michael Gregoritsch wechselte nämlich nach zwei Saisonen vom Hamburger SV nicht nach Freiburg, sondern zum FC Augsburg, unterschrieb dort gleich für fünf Jahre! Damit hat Augsburg als einziger Verein der deutschen Bundesliga sogar vier „Ösis“ im Kader, nämlich Martin Hinteregger, Kevin Danso, Georg Teigl und jetzt auch Gregoritsch. Bei RB Leipzig sind es mit Trainr Ralph Hasenhüttl vier.