Fußball

Warum kann es die Schweiz besser als Österreich?

Kaum war man geneigt, der „Ende gut, alles“-Stimmung nach dem Traumtor von Valentino Lazaro (oben) zu Österreichs erstem Sieg  in Nordirland irgendwie zuzustimmen, zu vergessen, dass in der nordirischen Startelf nur zwei Spieler aus der englischen Premier League standen, von denen einer Reservist bei Leicester ist, machte einen der westliche Nachbar, die Schweiz, wieder sehr nachdenklich. Weil sie in der höheren Liga A der Nations League ein grandioses Ergebnis lieferte, das  Österreich derzeit nicht zuzutrauen ist. Nämlich die Nummer eins der Weltrangliste, Belgien, mit 5:2 vom Rasen zu schießen. Und das nach einem 0:2 nach 17 Minuten. Damit 39.049 Zuschauer in der Swissporarena von Luzern fast in Ekstase zu versetzen. Kann man sich ähnliches bei Österreich vorstellen? Ehrlich gesagt, nein. Die Schweiz ist damit Gruppensieger vor dem WM-Dritten Belgien, im Juni 2019 so wie Portugal. England und Holland (lag in Gelsenkirchen gegen Deutschland bis zur 85. Minute 0:2 zurück, glich in der Nachspielzeit zum 2:2 aus, landete daher  vor Weltmeister Frankreich auf Platz eins) beim Finalturnier der Nations League dabei, kassiert dafür mindestens vier Millionen Euro, darf bereits für die Euro 2020 planen.

Dabei war noch im Juni nach dem k.o. im Achtelfinale der WM gegen Schweden die Stimmung um die „Nati“, wie die Schweizer ihr Nationalteam nennen, schlecht. Mit dem „Blick“ schoss sich die größte Zeitung auf die Verbandsspitze, die eine Untersuchung über ihre Strukturen in Auftrag gab, das Umfeld des Teams, speziell auf den unnahbaren Teamchef Vladimir Petkovic ein. Vier Tage vor dem Triumph von Luzern gab es ein peinliches 0:1 im Testspiel gegen Katar. Und dann dieses Spektakel vom Sonntag Abend, obwohl es Ausfälle gab, die zwei besten Innenverteidiger fehlten. Offenbar gelingt´s besser als in Österreich, Ausfälle wegzustecken.  Bis zur Pause das 0:2 in ein 3:2 verwandelt. Mit einer Mannschaft, in der mit Ausnahme eines Spielers von Meister Young Boys Bern, nur Legionäre begannen. Von Mönchengladbach, Hoffenheim, Arsenal, FC Liverpool, Norwich, Milan, Fiorentina, Atalanta Bergamo und Benfica Lissabon. Nämlich der Dreifachtorschütze Haris Seferovic, der eine Vergangenheit bei Eintracht Frankfurt hat.

Jetzt darf man diesen Schweizer Triumph nicht als Zufall oder als Eintagsfliege abtun. Seit der Europameisterschaft 2004 in Portugal ist die Schweizer Nati mit einer Ausnahme (die Euro 2012) bei jedem Großereignis dabei, auch bei vier Weltmeisterschaften. Österreich in diesem Zeitraum bei keiner. Und die Eidgenossen mussten bei sieben Teilnahmen nur zweimal  nach den Gruppenspielen so heimfahren wie die Österreicher bei der Heim-Euro 2008 und vor zwei Jahren in Frankreich. Irgendetwas macht die Schweiz viel besser, ohne entscheidend bessere Bedingungen als Österreich zu haben. Aber was? Es wäre an der Zeit, über die Winterpause nochmals darüber nachzudenken. Es muss mehr als den Grund geben, dass in der Schweiz früher als in Österreich mit gezielter, konzentrierter Nachwuchsarbeit begonnen wurde.

Die Bestandsaufnahme von Österreich in diesem Jahr: Das große Ziel verpasst. Das ist Teamchef Franco Foda bewusst, dennoch sieht er hoffnungsfroh in die Qualifikation für die Euro 2020. Weil das Team variabler geworden ist, sowohl mit Viererabwehr als auch mit drei Innenverteidigern defensiv stabil steht, weil in Belfast mit Xaver Schlager und Lazaro die jüngsten Spieler für die Tore sorgten. Schlager muss man als  derzeit positivste Aspekt sehen, denn mit dem 19jährigen Salzburger aus Oberösterreich kündigt sich eine Zentralfigur im Mittelfeld auf Jahre hinaus an. Foda wertete es auch als gutes Zeichen, dass in Belfast mit Stefan Lainer, Andreas Ulmer, Peter Zulj und Schlager vier Spieler aus der heimischen Liga zum Einsatz gekommen waren, gab zu bedenken, dass doch die Mannschaft verändert werden musste, weil Zlatko Junuzovic und Martin Harnik nach der verpassten WM-Qualifikation die Teamkarriere beendeten, Marc Janko mit 35 nicht mehr der Fixstarter früherer Jahre sein kann: „Ich bin weit davon entfernt, zu sagen, dass alles super ist, weiß, dass es besser werden muss. Aber ich sehe auch viele positive Dinge, auf denen man aufbauen kann.“ Etwa die Entdeckung mit David Alaba in Belfast. Dass der starke Linksfuss als rechter Flügel im Mittelfeld für Akzente sorgt. Als eine Art „neuer Arjen Robben“ für Österreich.

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